Die Kunst, ein Logo zu entwickeln – Auszüge aus einem Prozess:

die Sphinx – ein „Making of“:

Im ersten, unverbindlichen Kennenlern-Gespräch wurde mir das Unternehmen erläutert, und was das Logo ausdrücken soll. In diesem Fall wusste der Kunde schon sehr genau, dass das Bildelement eine Sphinx würde. Das Unternehmen liegt im Bereich Erwachsenenbildung / Coaching.
Sie transportiere Kraft, Stolz, Freiheit und Klugheit – über Accessoires wie das Buch, über ihren kräftigen, schnellen Körper und durch ihre Flügel. Damit passe es gut zu dem Ansatz, mit Wissen und Zielorientierung sich Erfolg und damit Freiheiten zu verschaffen.

Im ersten Schritt habe ich mir verschiedene Darstellungen von Sphinxen diverser Kulturkreise angesehen und die jeweils (teilweise recht unterschiedlichen) Geschichten und Sagen.

Die historischen Bedeutungen waren meinem Kunden weniger wichtig als die intuitive Wirkung ihres Ausdrucks.

Und genau daran haben wir gearbeitet.

Ich war fasziniert von allein den vielfältigen, ästhetisch sehr schönen Flügelformen und probierte einige alternativ aus.
Mal waren sie sehr geometrisch, mal endeten sie in einer Spirale, ich guckte mir dabei griechische, römische, ägyptische und auch moderne Darstellungen an.

Die Sphinx ist meist weiblich, manchmal geschlechtsneutral, ich fand sie mit und ohne Buch – und natürlich kommt sie vor auf alten Münzen als auch als Statue oder in Gemälden.

Mit der Tatze auf dem Buch wirkt sie meist statisch. Da wir einen dynamischen Ausdruck anstrebten, kamen wir überein, dass sie besser „auf dem Sprung“ oder stehend gezeigt werden sollte.

Wie diese hier. Für ein Logo wusste ich, würde ich diese Sphinx noch stark abwandeln, undzwar vereinfachen. Denn diese eher naturalistische und illustrative Variante ist zwar schön anzusehen, doch eine starke Verkleinerung für Stempel, Briefkopf oder kleine Anstecker usw. würde schwierig.

Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass man etwas ausprobiert, um sich über die Richtung zu einigen – und dass man dann noch nicht am Ziel ist.

Übrigens: Sehen Sie den Unterschied zwischen den beiden?
Der hintere Flügel gefiel mir zunächst nicht, ich wollte ihn räumlicher und bewegter und perspektivisch stimmiger machen, bevor ich dieses Bild meinem Kunden präsentierte.

Mal einen Schritt zurück gehen im Prozess ist auch nicht so verkehrt. Meine ersten Zeichnungen ignorierten die besprochene Idee der stehenden Sphinx.

Aber eigentlich doch schön, diese Ansätze, oder?
Wirkt auch gar nicht so undynamisch. Trotz sitzender Pose.

Und um Dynamik ging es ja. Also lohnt auch hier eine Verfeinerung. „Ich muss das mal sehen.“ – Das sage ich mir sehr oft in Prozessen, und verfeinere einen Weg, bis ich erkennen kann, ob die Richtung eine Möglichkeit birgt oder nicht.

Schauen wir uns noch weitere grobe Skizzen an – heute ist Tag der offenen Tür.   ;o)

Was wäre Ihr Favorit gewesen? Jeder ist anders, hat andere Assoziationen. Jedes Ihrer Familienmitglieder, Kollegen, Geschäftspartner wird etwas anderes favorisieren.

 

Mein Tipp: Hören Sie sich alles an, es kann immer wertvoll sein, Entwürfe durch eine andere Brille zu sehen.
Aber bleiben Sie sich selbst auch treu und lassen Sie sich nicht verrückt machen. Ihr Ziel sollte nicht sein, dass Ihre Entscheidungen allen gefallen. Das ist schier unmöglich.

So, die gucke ich mir genauer an. So will ich die Flügel. Erhaben und offen, gespreizt. Sie wirken offensiv und gespannt.

Für die spätere Symmetrie der einfachen, verkleinerbaren Form – der Kunde wünschte sich die Sphinx als abstraktes Piktogramm – reicht es, alle Teile einmal zu zeichnen, und dann am Computer zu begradigen und zu spiegeln.

Der Prozess sah dann am Bildschirm so aus. Die Hilfslinien halfen dabei, dass die Form als Ganzes symmetrisch und harmonisch geschwungen wurde.

Der Schwanz mit der Quaste lässt sie auf den ersten Blick als Sphinx erkennbar machen, da er typisch ist für einen Löwenkörper. Daher war mir wichtig, dass er vor dem Flügel erscheint.

Dem Kunden gefiel diese Alternative auch ausgesprochen gut. Wir waren uns einig und glücklich mit dem Produkt. – nein, das Endergebnis war dies noch nicht.

Nun kommt die Feinarbeit. Ich werde Sie nicht mit allem behelligen, woran wir gefeilt haben – diese Geduld hat man nur beim eigenen Logo-Prozess.

Verfeinert wurde der Kopf, der Pagenkopf (s. beide letzten Bilder im Vergleich), der Schwanz unten wanderte noch hinter den Oberschenkel, die Flügelsegmente wurden verfeinert – ganz zu schweigen von der Kombination mit einem Schriftzug.
Schriftgestaltung ist allerdings nicht der Schwerpunkt in diesem Artikel.

Hier noch eine kleine Übersicht über vier ganz unterschiedliche Entwürfe, die mir selbst mehr und weniger gut gefallen.

 

Sie wirken ganz unterschiedlich bzgl. Feminität, Ausdruck, Statik / Dynamik, Festigkeit / Leichtigkeit, und auch lassen sie unterschiedliche Epochen assoziieren.
Von antik bis comic-haft sind hier mehrere Stile vertreten – beachten Sie dabei auch das Zusammenspiel mit der Typografie (Schriftgestaltung).

Was für mich zählt, ist, erst zufrieden zu sein, wenn die Botschaft und Identifikation des Kunden auf den Punkt getroffen ist.
Und: ich muss auch voll dahinter stehen, als Urheberin.

Und mit diesem Endergebnis sind mein Kunde und ich nun vollstens zufrieden.

Nun werden Sie verstehen, was es bedeuten kann, ein Logo zu entwickeln. Wie spannend es ist und wie wichtig – und dass ich beim besten Willen nicht vorher sagen kann, „wie lange es dauert“. Dies hängt von sehr vielen Faktoren ab, auch von Ihnen. Der Prozess ist ein gemeinsamer. Es ist nicht wie ein Autokauf mit Testvergleich und Probefahrt. – Und das ist gut so.